Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hin ziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht lassen, bis daß ich tue alles, was ich dir geredet habe. 1. Mose 28,15
Constappel ist ein Ortsteil der Ortschaft Gauernitz in der Gemeinde Klipphausen. Die Kirche geht auf eine seit dem 12./13. Jahrhundert vorhandene, auf einer Anhöhe südlich über dem Dorf gelegene ehemalige Wallfahrtskirche zum heiligen Nikolaus zurück. Eine ausführliche Beschreibung der Constappler Kirche und einen Abriss der Bautätigkeit findet man etwas weiter unten auf dieser Seite.
Als der berühmteste Sohn Constappels wird dort Peter Schreier genannt. Zwar wird stets Meißen als sein Geburtsort angegeben, wo er 1935 im Krankenhaus auf dem Domprobstberg geboren wurde. Seine Wiege stand aber bei seinen Eltern in Gauernitz-Constappel. Dorthin kam sein Vater um 1930 als Kirchschullehrer und Kantor. 1943 wurde Peter in die Vorbereitungsklasse des Dresdner Kreuzchores aufgenommen, im Juli 1945 wurde er Mitglied. 1949 kam Peters Vater aus der Kriegsgefangenschaft wieder. Gemeinsam mit Peter und dessen 1938 geborenem Bruder Bernhard musizierte er manchmal in der Constappler Kirche – hochgradig wertvolle Kirchenmusik fernab vom zerstörten Dresden. 1954 zog Familie Schreier nach Dresden. In der 2008 erschienen Bildbiografie von Jürgen Helfricht „Peter Schreier Melodien eines Lebens“ ist den Kindertagen in Constappel ein eigenes Kapitel gewidmet. Und schwärmerisch wird dort seine Taufkirche, die Constappler Kirche, erwähnt, an der er zeitlebens hing und deren Sanierung er auch großzügig finanziell unterstützte. Als er als weltberühmter Tenor viele Jahre später neben Theo Adam als Elias (Elia) den Obadjah aus dem Elias-Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy über die Geschichte des biblischen Propheten Elias sang, ob ihm da das Bild vom Elias in der Constappler Kirche in den Sinn kam?
Ist nicht Gott hoch droben im Himmel? Siehe, die Sterne an droben in der Höhe! Hiob 22,12
Jeder, der heute die Constappler Kirche betritt, steht staunend vor der Fülle an symbolischen Figuren und Schriften, vor dem goldenen Sternenhimmel vor blauem Grund am Gewölbe. Man muss dabei wissen, dass im sternbegeisterten 19. Jahrhundert sich viele Künstler nächtlichen Himmelsszenen widmeten. Welch Glück, dass der Constappler Himmel, nicht wie bei manchen anderen Kirchen, einfach übermalt wurde. Im Jahr 2018 waren die letzten, intensiven Restaurierungsarbeiten in der Constappler Kirche abgeschlossen.
Bei diesen Arbeiten zeigte sich, dass auf Grund der Schäden der größte Teil der ursprünglichen Ausmalung der Kirche rekonstruiert werden musste. Möglich war das, weil sich die Dresdner Restauratorin Sandra Risz 1997 in ihrer Abschlussarbeit im Bereich für Restaurierung in der Denkmalpflege an der Fachhochschule Potsdam intensiv mit restauratorischen Untersuchungen beschäftigte und dabei die Schäden und deren Ursachen ermittelte.
Auch die Dresdner Hochschule für Bildende Künste wurde in farbchemische Untersuchungen einbezogen. Sandra Risz dokumentierte, wie die Bildwelt der Kirche in der Innenraumfassung von 1889 aussah und bezieht sich dabei auf die Unterlagen des Architekten Schreiber. Später mehr zu ihm. Über einem Artikel in den Dresdner Neuesten Nachrichten zur Sanierung der Constappler Kirche von 2018 stand:„Begehbare Bilderbibel“. Ja, so mutet dieser helle Raum nach der wiederhergestellten Ursprungsbemalung an. Ein Dankeschön noch heute an die damaligen Restauratoren, die uns diese wunderschöne Kirche zurückgaben. Es wirkten mit: Kathrin Christl (Meißen), Michael Gruner (Klipphausen OT Batzdorf), Sonja Kaeten (Dresden), Sandra Risz (Dresden), Josef Dieter Schmidt (Klipphausen OT Batzdorf), Judith Steinke (Dresden) sowie die Firma von Tilo Hasch / Farbenwerkstatt Meißen (Malermeister und Restaurator im Handwerk).
Die Restaurierungsarbeiten erfolgte in Etappen und begannen 2007 mit der Restaurierung der Gemälde von Elias und Mose (Steinke). Es folgten die Restaurierung von Chor und Sternenhimmel (Gruner, Schmidt), Triumphbogen (Risz), Patronatsloge mit Treppenhäusern Ost (Gruner, Schmidt), Seitenloge (unter der Patronatsloge) mit altem Kern – siehe Wandmalerei mit der Jahreszahl 1583 (Christl, Risz), Vorraum und Treppenhäuser West (Christl, Hasch, Risz). Sandra Risz arbeitet derzeit mit anderen Restauratoren in der Meißner Johanniskirche, wo der Triumphbogen mit der Freskomalerei „Der Triumph des Kreuzes im Weltgericht“ von Sascha Schneider (1870–1927) restauriert wird. Dort habe ich sie Ende April sozusagen „vom Gerüst“ geholt, um mit ihr über ihre damalige Abschlussarbeit zu sprechen. Im Gespräch spürte man, wie sie noch immer mit den Arbeiten in der Constappler Kirche verbunden ist.
Blicken wir aber nun zurück in die Jahre 1882 bis 1889. Zu jener Zeit war deutlich geworden, dass nicht weitere Reparaturen die baulichen Mängel an der Kirche dauerhaft beseitigen können, sondern dass es tiefgreifenderer Maßnahmen bedarf. So wurden 1882 und in den folgenden Jahren Restaurierungs- und Umbaupläne von Baurat Gotthilf Friedrich Möckel (1838-1915) sowie 1884 im Auftrag des Prinzen Carl Ernst von Schönburg-Waldenburg durch den Architekten Bernhard Schreiber (1833-1894) angefertigt und auf dieser Grundlage die Kirche umgebaut. Möckel war ein bedeutender Architekt des deutschen Historismus, der 1866 bis 1875 in Zwickau tätig war, dann in Dresden lebte und 1885 ins mecklenburgische Doberan umzog. In Sachsen, Mecklenburg und Preußen hat er ein umfangreiches künstlerisches Werk hinterlassen. Sie erinnern sich, im Heft August/September voriges Jahr haben wir ihn als Architekten der Lutherkirche Freital-Döhlen kennengelernt.
Möckel hatte schon frühzeitig Kontakte nach Mecklenburg. Nachdem er den Großherzog von Mecklenburg auf den Verfall des Doberaner Münsters aufmerksam gemacht und 1882 ein Gutachten vorgelegt hatte, wurde er mit der Restaurierung dieses bedeutenden gotischen Bauwerks beauftragt. Er gab seine Stelle in Dresden auf und zog 1885 nach Doberan. Deshalb wurde der Constappler Umbau 1885 nach dem Plan von Schreiber vollendet. Die Arbeiten wurden von Baumeister Dürichen aus Cölln bei Meißen (Inhaber der Baufirma: Friedrich Wilhelm und Oskar Dürichen) im Zeitraum vom 1. März bis 7. November ausgeführt. Dieser umfassenden Erneuerung, die einem Neubau im neoromanischen Stil auf den vorhandenen Grundmauern gleichkam, verdankt die Constappler Kirche ihre heutige Gestalt. Am 9. November 1885 wurde eine „fröhliche“ Kirchweih gefeiert, nachdem bereits am 11. August drei neue Glocken geweiht worden.
Möckel hat vermutlich auch die Auswahl der Orgelbaufirma beeinflusst, denn er hatte bei früheren Kirchbauprojekten den jeweiligen Neubau der Orgel stets durch die Orgelbaufirma E. F. Walcker aus Ludwigsburg ausführen lassen. 1886 wurde die Orgel eingebaut und zum Erntefest zusammen mit den neuen Altarfenstern eingeweiht. In den heutzutage digitalisierten Opus-Büchern der Fünf-Generationen-Orgelbaufirma (1780-2003) kann man über die rd. 6000 Orgeln die Details nachlesen, so auch zur Constappler Orgel unter der Opus-Nr. 472 (Eintragungen 1884-1886). 1889 wurde die „Ausschmückung“ der Kirche abgeschlossen. In unserem Kirchenarchiv kann man nachlesen, wie engagiert der damalige Constappler Pfarrer Ehregott Hermann Schüttoff Planung und Bau begleitete, seine Ideen einspeiste und persönlichen Kontakt zu Möckel und Schreiber pflegte.
Wir werden uns noch mit ihm bekannt machen. Nachzulesen ist auch, wie sich der Kirchenvorstand mit wichtigen Entscheidungen zur Restaurierung und zum Umbau befasste. Immer dabei der Kirchenpatron Prinz Carl Ernst von Schönburg-Waldenburg, der 1859 das Rittergut Gauernitz erbte. Ihm zu Ehren hängt an der Wand unter der Patronatsloge der Fürsten Schönburg eine Gedenktafel.
Der Prinz beauftragte die Architekten Bernhard Schreiber und Ernst Giese, das Herrenhaus Gauernitz 1862 bis 1870 im Stil der Neorenaissance umzubauen. Leider ist das Schloss heute kein Blickfang mehr. Im Zuge der Umgestaltung der Constappler Kirche erfolgten damals zahlreiche Unterstützungen und Spenden von Einzelpersonen und Vereinen. Hervorzuheben ist der bereits genannte Kirchenpatron, der Verein zur kirchlichen Kunst im Königreich Sachsen sowie der Kunstfond des Sächsischen Innenministeriums. Dank dieser Unterstützung konnten auch mehrere Dresdner Künstler für die Ausgestaltung des Innenraumes gewonnen werden. Schauen wir uns den Innenraum der Kirche an. Beeindruckt stehen wir vor dem großen Triumphbogen vor dem im 19. Jahrhundert angebauten Altarraum. Auf dem Bogen steht: „Das Lamm, das erwürget ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob“. Dieser Spruch aus der Offenbarung des Johannes, Kapitel 5, Vers 12 stellt für uns heute zugleich einen gedanklichen Bogen zur Musik, die uns gerade auch in der Constappler Kirche, z. B. in den Musikalischen Andachten, beseelt, dar. Vielleicht hat da so mancher eine Kirchenkantate von Johann Sebastian Bach im Ohr, die da lautet: „Ich hatte viel Bekümmernis“. Der Schlusschor dieser Kantate „Das Lamm, das erwürget ist“ bildet eine triumphierende Lobeshymne. Und da schließt sich gedanklich wieder der Bogen zu Peter Schreier, der als Tenor diese Kantate, z. B. mit dem Thomanerchor, oft aufgeführt hat.
An der Bogenstirn sind Gestalten aus dem Alten Testament dargestellt, links Mose mit den Gebotstafeln, rechts der Prophet Elia, dem ein Rabe Brot in die Wüste bringt.
In der Bogenlaibung sind vor goldglänzendem Hintergrund die Apostel aus dem Neuen Testament, links Petrus, erkennbar am Schlüssel und rechts Paulus mit Schwert sowie Engel zu sehen. Es wird erzählt, dass für die Engelsgesichter im Inneren des Bogens die Kinder des damaligen Pfarrers Modell gestanden haben. Im Scheitel sehen wir das Lamm Gottes (Dreifaltigkeit). Auf diese Raumfassung der figürlichen Malereien beziehen sich auch die Glasgemälde der drei rundbogigen Chorfenster mit Darstellungen aus der Offenbarung des Johannes nach Kartons von Anton Dietrich, die um 1889 von Bruno Urban ausgeführt wurden.
In den Kartons sind der Verlauf der Bleiruten vorgegeben sowie Licht- und Schattenpartien angelegt. Anton Dietrich (1833-1904) hatte an der Dresdner Kunstakademie studiert und bedeutende Werke, z. B. das Altargemälde in der Dresdner Kreuzkirche oder Entwürfe für die Fenster in der Albrechtsburg Meißen, geschaffen. Bruno Urban (1851 bis 1910) aus Dresden war ein bekannter Dresdner Glasmaler und Inhaber der gleichnamigen Firma. Seine Werkstatt, die in einem Turmhaus untergebracht war, verfügte über eine spezielle Hängevorrichtung für Kirchenfenster, die sich nach Bedarf zum Licht hin verstellen ließ. Die farbige Ausmalung des Kirchenschiffes geht auf Wilhelm Walther zurück, der 1889 gemeinsam mit weiteren Dresdner Künstlern das Kircheninnere „ausschmückte“. Wilhelm studierte von 1842 bis 1848 an der Dresdner Kunstakademie, u. a. bei Gottfried Semper. Dieser vermittelte Walther die Kunst der Sgraffitomalerei. Anlässlich der bevorstehenden 800-Jahr-Feier des sächsischen Fürstenhauses Wettin wurde in den Jahren 1871 bis 1876 nach Entwürfen von Wilhelm Walther der Fürstenzug in Sgraffito-Technik ausgeführt. Im Jahr 1906 leitete der nun zum Professor berufene Walther die notwendige Erneuerung des „Fürstenzuges“, der inzwischen durch die Verwitterung beschädigt war und deshalb auf Porzellankacheln übertragen wurde.
Ziel der Innensanierung in Constappel war es, die ursprüngliche Ausmalung wieder zum Vorschein kommen zu lassen. So zeigen sich nun entlang der Balustrade der Empore Rosen, Tulpen, Maiglöckchen, Mariennelken, Passionsblumen, Akelei und Türkenbundlilien. Die christliche Pflanzensymbolik deutet Blumen sowohl als Hinweis auf die Vergänglichkeit und Kürze des Menschenlebens wie auch auf das Wiedersehen nach dem Tod. Im nächsten Heft werden wir uns die Blumen und ihre Bedeutung nochmal genauer anschauen. Entdecken Sie aber in diesem Gemeindebrief ein Foto von einer weißen Anemone in der Constappler Kirche und schmunzeln Sie darüber, dass die Restauratorin uns hier eine Biene „untergejubelt“ hat. Übrigens treffen Sie die Constappler Biene auch auf unserer Kinderseite. Und irgendwo auf einer anderen Blüte finden Sie in der Kirche auch einen gemalten Marienkäfer. Von den zahlreichen Schriftbändern in der Kirche sind etliche erstmals unter der späteren Bemalung wieder zum Vorschein gekommen. Sie benennen, was den Lutheranern des 19. Jahrhunderts an zentralen Aussagen wichtig war: Direkt unter der Decke zum Beispiel ist auf blauem Grund von der Gemeinschaft im Gebet und Brotbrechen die Rede, von der Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Im Triumphbogen wird Christus mit einem geopferten Lamm verglichen. Rechts über dem Eingang zu jenem Raum, an dessen Tür in alter Schreibweise „Sacristei“ steht, ist auf Latein geschrieben: „Solus Christus, sola gratia, sola fide“. Das heißt übersetzt: „Allein Christus, allein die Gnade, allein der Glauben“. Bedeutungsvoll sind auch die Bilder an der Holzdecke der Kirche: Menora – ein siebenarmiger jüdischer Leuchter –, der sogar das Dritte Reich überdauerte, Schiff, Adler, Hahn, Huhn und Pelikan, Hirsch, Taube und Fisch. Auch hier ein Beispiel: was bedeutet der Pelikan? In der Antike glaubte man, dass der Pelikan seine Jungen mit Blut füttert. Tatsächlich färbt sich beim Krauskopfpelikan während der Brutzeit das Gefieder im Kehlenbereich rot, was sicherlich die Erklärung für diesen Mythos liefert. In der christlichen Symbolik und Ikonographie sah man deshalb im Bild des Blut opfernden Pelikans ein Symbol für Jesus Christus. In der Bibel steht beim Psalm 102, Vers 6: “Ich gleiche dem Pelikan in der Wüste, bin wie ein Käuzlein in Ruinen“.
Gehen wir nun zur Kanzel im Kirchenschiff. Diese hölzerne Kanzel entstand um 1885, die fünf Evangelistenbilder am Kanzelkorb wurden von Karl Gottlob Schönherr (1824 bis 1906) gemalt, einem sächsischen Kirchen- und Historienmaler. Auch er ein Schüler der Dresdner Kunstakademie und 1864 zum Professor berufen. Übrigens: Die Dresdner Kunstakademie (jetzt Hochschule für Bildende Künste Dresden) wurde 1764 gegründet und gehört zu den ältesten Kunsthochschulen Europas.
Noch ein paar Worte zum Altar. Im Altaraufsatz von 1885 befindet sich ein kleines Altarbild mit der Darstellung der Beweinung Christi. Der Altaraufsatz wird überragt von einem Kruzifix von Rudolph Hölbe (1848 bis 1926). Auch er studierte an der Dresdner Kunstakademie. Rudolph Hölbe hat an vielen Orten in Dresden, oft gemeinsam mit Johannes Schilling, seine Spuren als Bildhauer hinterlassen, z. B. auch an der Semperoper oder am Albertinum. Eine Geschichte am Rande: Er war z. B. an der künstlerischen Ausgestaltung der Heilig-Geist-Kirche Dresden-Blasewitz beteiligt und schuf dort 1893 ebenso ein Kruzifix für den Altar. Im Zuge der Umgestaltung der Kirche 1969 wurde dies entfernt und unter dem Altar „beigesetzt“.
Sehen wir uns zuletzt noch den schönen Taufstein an. Am oberen Teil des Steins sind Wappen derer von Ziegler und derer von Beschwitz, die Inschrift „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ (Matthäus 19,14) sowie die Jahreszahl 1583 angeordnet. Die früher im Chor an den Wänden hängenden zwei Tafelbilder mit überlebensgroßen Bildnissen der Reformatoren Philipp Melanchthon und Martin Luther, von den Grafen Zinzendorf auf Gauernitz an ihre Patronatskirche verschenkt, sind im Dommuseum Meißen ausgestellt. Im dortigen Kunstdepot befinden sich auch zwei Gemälde aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren. Sie zeigen den Schmerzensmann (Jesus Christus) und die Schmerzensmutter (Maria). Aus konservatorischen und Sicherheitsgründen können sie in Constappel nicht mehr gezeigt werden.
Ein herzliches Dankschön an alle, die beim Suchen und Finden von Erinnerungsstücken und -lücken mithelfen, besonders an die Restauratorinnen Sandra Risz, Judith Steinke, dem langjährigen Constappler Kirchner Günter Patzig und natürlich Annegret Fleischer für die Einblicke ins Kirchenarchiv.
Wo man arbeitet, da ist Gewinn; wo man aber nur mit Worten umgeht, da ist Mangel. (Sprüche 14,23)
Immer wieder redet die Bibel vom Arbeiten. So auch in diesem Spruch aus der Lutherbibel. Der erste Teil dieses Spruches scheint relevanter denn je. Und im zweiten Teil? Wenn man bei allem Gesprochenem und Geschriebenem den Menschen neben sich aus dem Blick verliert, da ist Mangel. Da ist kein Platz mehr für Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Halten wir deshalb unsere Augen offen. Und schätzen wir auch das, was unsere Vorfahren taten, sie haben uns mehr als nur „Sprüche“ hinterlassen. Man muss wissen, dass früher das Patronatsrecht (Schirmherrschaft) über die Kirche und Schule zu Constappel der jeweilige Besitzer des Rittergutes Gauernitz (früher Gävernitz) ausübte. Seit dem 14. Jahrhundert war Gauernitz mit Constappel im Besitz der Adelsfamilie Ziegler. Die Stammreihe der Herren von Ziegler beginnt mit Wigand Ziegler, Ratsherr zu Dresden, 1329 urkundlich erwähnt. Das Geschlecht derer von Ziegler und Klipphausen bestand als altes meißnisches Geschlecht in mehrerer Linien bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Zu Reichtum sind sie insbesondere durch den Silberbergbau im Scharfenberger und im Freiberger Bergrevier gekommen. Manche Linien starben aber mangels männlicher Nachfahren aus, wie die Helfenberger oder die Pillnitzsche Linie. Weitere Linien entwickelten sich u. a. im Preußisch-Schlesischen Bereich und in der Oberlausitz. Die Geschichte der Gauernitzer Linie der Familie von Ziegler im Detail abzubilden, würde den Rahmen des Artikels übersteigen. 1737 erschien Wilhelm Ernst Tetzels „Vorstellung oder kurze Beschreibung des Hochadeligen uralten Geschlechts derer von Ziegler und Klipphausen“. Diese Literatur lässt erkennen, welch wechselvolle, oft tragischen Lebensläufe sich um die Adelsfamilien ranken. Auffallend ist, dass im Wesentlichen lediglich die männlichen Abkömmlinge der Familie genannt werden. Hier einige für Gauernitz und Constappel wichtige Ereignisse: 1525 teilten die Söhne von Christoph von Ziegler († 1517), einem Ururenkel des genannten Stammvaters Wigand – Hieronymus, Balthasar und Franz von Ziegler – ihr Erbe. Hieronymus übernahm Klein- Röhrsdorf und ließ vermutlich um 1528 im spätgotischen Stil das Schloss Klipphausen erbauen, wonach der Beiname „von Ziegler und Klipphausen“ für diese Linie angenommen wurde, die sich später in der Lausitz wiederfindet. Balthasar (†1559) blieb auf Gauernitz, er hatte drei Söhne, von denen Christoph 1560 Herr auf Gauernitz wurde. Die Hauptlinie auf Gauernitz verarmte. Christoph verstarb 1586 und sein Sohn Franz (der letzte Ziegler zu Gauernitz), veräußerte 1595 das Schloss Gauernitz an Caspar Pflugk aus dem Hause Zabeltitz, dessen Familie es bis 1648 gehörte. Einer seiner Söhne, Haubold Pflugk (†1645), war chursächsischer Rat und Kammerjunker in Dresden. Sein Grabstein befand sich in der 1945 durch die Luftangriffe beschädigten und als Ruine 1962/1963 abgetragenen Dresdner Sophienkirche. Seine Witwe Sophie, geborene Loß-Schleinitz, brachte große Opfer für die Constappler Kirche, die – größtenteils in Lehm gemauert – baufällig geworden war. 1652 wurde die Kirche umgebaut, 1665 das Schloss erneuert. Durch Heirat von Sophie von Zabeltitz mit Heinrich Gerhardt von Miltitz gelangte der Besitz an die Familie von Miltitz und kam durch Heiratsgut einer Enkelin an die Grafen von Zinzendorf und Pottendorf. 1695 baute Otto Christian Graf von Zinzendorf südlich des Schlosses die Schlosskapelle, die später von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf in einen Betsaal umgewandelt wurde. Er war der Gründer der strenggläubigen Brüdergemeine in Herrnhut. 1804 kam der Besitz an Carl Siegismund von Hopffgarten, einem Land-Jägermeister, welcher den Besitz 1819 an die fürstliche Familie von Schönburg-Waldenburg verkaufte. Die Fürsten von Schönburg-Waldenburg gehörten zu den wohlhabendsten adligen Familien in Sachsen, sie lebte bis 1945 in Gauernitz und bemühten sich sehr um ihre Kirche in Constappel. Auf dem Constappler Friedhof an der Kirche finden wir als Zeitzeugen dieser bewegten Geschichte der Patronatsfamilien einige Grabdenkmäler in unterschiedlichem Erhaltungszustand. Es lohnt sich diese näher zu betrachten. 1923 erschien eine „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler in Sachsen“, bearbeitet von Cornelius Gurlitt, dort kann man auch über manche im Laufe des letzten Jahrhunderts verschwundene Grabmale nachlesen. Hier eine Auswahl der Grabplatten, die noch vorhanden sind: Elisabeth von Ziegler († 1501)
Auffallend an Elisabeths Bekleidung ist die Verhüllung ihres Gesichts mit einem Schleier. Was bedeutet dies? Mit dieser Elisabeth, einer in Stein gemeißelten Entdeckung, hat sich, als die Kinderkirche nicht in der gewohnten Weise stattfinden konnte, im vorigen Jahr Lisa Jäger intensiver beschäftigt. Ihren interessanten Podcast dazu kann man sich anhören unter www.kirchewilsdruffer-land.de/podcast/fraumit- mundschutz/. Elisabeth hatte sehr jung Balthasar von Ziegler geheiratet, der zwei Söhne mit in die Ehe brachte: Christoph und Caspar Ziegler. Sie selbst blieb kinderlos. Die Grabtafel ist geschmückt mit den Wappen derer von Ziegler im unteren Teil und derer von Taubenheim (Wappen seiner Mutter Agnes von Taubenheim) im giebelartigen oberen Teil. Es ist bemerkenswert, dass zu dieser Patronats-Zeit, also etwa um 1500, Bauten an der Kirche erfolgten. So findet man im Obergeschoss des Südanbaus der Kirche die Wappen des Balthasar von Ziegler und seiner Gemahlin Elisabeth, einer geborenen von Lüttichau, an der Sohlbank der Fenster. Das Grabmal ist leider schon sehr verwittert, aber man kann noch erkennen, dass ein Kindengel die Wappen der von Pflug und von Miltitz an den Helmzieren zusammenhält. Von ihm wird berichtet, dass er am 13. September 1609 in Torgau starb, als er an einer kursächsischen Ständeversammlung, die ab 1555 für ein Dreivierteljahrhundert dort regelmäßig stattfand, teilnahm und dann sein Leichnam über Großenhain nach Gauernitz/ Constappel überführt wurde. Noch erwähnt werden soll Balthasars Sohn Christoph von Ziegler, der 1583 den Taufstein stiftete. In Würdigung seiner Dienste als Amtmann des Amtes Meißen im Herzogtum Sachsen und enger Vertrauter von Herzog Georg befindet sich seine Grabplatte aus Messing im Meißner Dom. Er war der letzte katholische Besitzer von Gauernitz. Seine Söhne schlossen sich der lutherischen Lehre an. Sein Bruder Caspar von Ziegler († 1515 oder 1518) ging in die Geschichte ein, weil er als einer der vier sächsischen Räte während der Statthalterschaft der albertinischen Wettiner in Friesland (1498 bis 1515) die Regierungsgeschäfte unter sich hatte. Ein Zweig der Familie von Ziegler wanderte nach Dänemark und später um 1680 nach Norwegen aus. Das erklärt, dass man im dänischen Wikipedia, der freien Enzyklopädie im Internet, erstaunlich viele Informationen über die Adelsfamilie Ziegler findet. Caspars jüngster Sohn Bernhard von Ziegler (14961552) war ein berühmter lutherischer Theologe, Hebraist und Reformator. 1540 gelangte er auf Empfehlung Martin Luthers und Philipp Melanchthons an die Universität Leipzig und gehörte zu den Sprachexperten, die Luther wiederholt zur Revision seiner deutschen Bibelübersetzung heranzog. Nun sind wir am Ende unserer Constappler Geschichte(n) und Gesichter angelangt. Noch viel mehr gäbe es zu recherchieren und aufzuschreiben. Verschiedene Schreibweisen und Lebensdaten sowie identische Vornamen erschweren manchmal die exakte geschichtliche Einordnung der Personen. Eine Information haben wir aber noch: Wir hatten erwähnt, dass zwei der früher in der Constappler Kirche befindlichen Gemälde aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren sich im Kunstdepot des Dommuseums Meißen befinden. Nun können wir stolz berichten, dass in der Mitte des Jahres neu eröffneten Ausstellung im Dommuseum Meißen „unsere“ Gemälde – „Schmerzensmann“ und „Schmerzensmutter“ – aus dem Jahr 1516 präsentiert werden. In keiner anderen Kirche in Deutschland sind so viele Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren, seinem Sohn Lucas Cranach dem Jüngeren sowie aus den Cranach-Werkstätten öffentlich zugänglich. Ein Besuch lohnt sich!
Bautechnischer Abriss
Eine frühe Erwähnung des Ortes Constappel findet sich erstmalig im 11. Jahrhundert. Es wird vermutet, dass zu dieser Zeit in Constappel bereits eine Kirche stand. Ein erster Beleg stammt aus der Zeit Ende des 14. Jahrhunderts. Die Kirche befand sich am Handelsweg von Dresden nach Meißen und wurde als Wallfahrtskirche dem Heiligen Nikolaus (Nikolaus von Myra), der unter anderem Schutzpatron der Seefahrer, reisenden Händler, Ministranten und Kinder ist, geweiht. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Kirche fast völlig neu aufgebaut. Der Kupferstich zeigt die Kirche, wie sie bis 1885 ausgesehen haben mag.
1885 war eine grundlegende Renovierung erforderlich, die einem Kirchenneubau gleichkam. Dabei wurden die alten Grundmauern weitestgehend genutzt und auch Teile des alten romanischen Mauerwerks wurden im Neubau einbezogen. Die Mauern wurden erhöht, auf der Westseite wurde ein Kirchturm angebaut und auf der Altarseite erhielt die Kirche von außen auf beiden Seiten je einen Treppenaufgang zu den Logen. Die Kirche ist unterkellert. In der Gruft sollen sich Gebeine von Mitgliedern der Patronatsfamilie des Schlosses Gauernitz befinden. Die Geschichte der Kirche ist eng mit den Patronatsherren des Schlosses Gauernitz verbunden, die St.-Nikolai mit einem großzügigen Pfarrlehen ausstatteten. Der zugehörige Pfarrhof schließt sich an das Kirchengelände an.
Der Umbau der Kirche 1885 erfolgte nach den Plänen des Dresdner Architekten Baurat Möckel im Neoromanischen Stil. Die Innenausmalung mit biblischen Geschichten wurde von Prof. Michael Walter, dem Schöpfer des Fürstenzuges ausgeführt. Die Außenfenster im Altarraum und die Fenster in den Logen sind entsprechend der Zeit um 1885 ausgeführt. Der Kirchenraum hat eine schöne Holzdecke, auf der die Abbildung der Minora das dritte Reich überdauert hat. Die Orgel ist eine der seltenen Walcker-Orgel. Sie wurde 1886 umfassend restauriert und erfreut mit ihrem unverwechselbaren Klang bei Gottesdiensten und Konzerten die Besucher.
Der Pfarrhof wurde in Erbpacht vergeben. Die Gebäude sind restauriert und in sehenswert gutem Zustand. Für die Übungen des Kirchenchores, Konzerte und andere Veranstaltungen stellen die Pächter ein großes Kaminzimmer zur Verfügung.
Denkmale (Grabmale) von Mitgliedern einiger Patronatsfamilien sind an der Nordseite der Kirche aufgestellt. An der Westseite der Kirche ist die Grabstelle der Familie Nacke mit einer Gedenktafel des ersten Autobauers Sachsens, Emil Nacke, der hier beigesetzt ist.
Die Kirche kann zu den Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen besichtigt werden.
Die Constappler Kirchturmuhr
Zu einem Kirchturm gehört eine Uhr wie das „Amen“ in der Kirche. Das dachten sich auch die Constappler Kirchväter. Dass 1883 der damalige „alte“ Kirchturm eine neue Uhr erhielt, war einem ConstapplerBürger zu verdanken: Johann Gottfried Fürchtegott Mehnert, Privatier. Er schenkte der Kirche für 650 …
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